Re: Leptophyes Larve

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Hallo Hans Peter

Erst mal herzlich Willkommen in diesem Heuschrecken-Forum.

Ja, da triffst du direkt einen "wunden" Punkt der Orthopterologie. An den Larven haben sich schon viele die Zähne ausgebissen und mussten wohl zum Schluss doch mehr oder weniger kapitulieren. Einige Larven, gerade bei den Langfühlerschrecken, lassen sich einigermassen bestimmen. Aber bei den Kurzfühlerschrecken ist es meistens nicht möglich. Je mehr man sich mit den Larven beschäftigt, desto vorsichtiger wird man, denn immer wieder werden die vermeintlich sicheren Merkmale in Frage gestellt. Ich vermute, dass es aus diesem Grund nicht viel Literatur zu diesem Thema gibt.
Auch in den Bestimmungsbüchern sind die Larven nur eingestreut, da es weit und breit an sicher bestimmen Larven-Fotos mangelt und eben die Erfahrung dazu auch eher gering ist. Kommt dazu, dass es unmöglich ist all die Larvenstadien dazustellen.

Danke für deinen Hinweis mit den Larven auf Orthoptera.ch, wir arbeiten daran. Für die Heuschrecken-App und das Wiki haben wir umfangreiche Galerien erstellt, wobei wir auch Larven integriert haben. Vorerst sind Larvenbilder aber auch eher eingestreut, da die Bestimmung oft mit Unsicherheit verbunden ist. Eigentlich sollte man von jeder Art eine Aufzucht in Gefangenschaft beobachten und dokumentieren. Um das im grossen Stil zu machen, fehlt uns aber momentan die Zeit.
Es ist darum umso spannender, wenn verschieden Leute Larvenbilder ins Forum stellen. Auch wenn man sie vielfach nicht sicher bestimmen kann, findet ein wichtiger Erfahrungsaustausch statt.

Nun aber zu deiner Larve. Du hast nicht zufällig noch ein Foto von der Seite, auf dem man die Legeröhre des Weibchens sieht?
Bei deiner Larve handelt es sich m.E. eher um Barbitistes serricauda. Bei der Punktierten Zartschrecke (Leptophyes punctatissima) müsste in diesem Larvenstadium die Legeröhre wesentlich grösser sein. Die Laubholz-Säbelschrecke (Barbitistes serricauda) kommt aber weniger im Siedlungsbereich vor. Wohnst du in der Nähe des Waldrandes?
Nimmt mich wunder, ob sicher Werner noch dazu äussert, er hat vermutlich am meisten Erfahrung mit der Unterscheidung von Leptophyes- und Barbitistes-Larven.

Herzliche Grüsse
Florin
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Re: Leptophyes Larve

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Guten Abend, Florian

Es ist mir nicht unbekannt, dass der Versuch, Larven zu bestimmen, keineswegs einfach ist und gewiss Wagemut erfordert – selbstverständlich neben guten Artkenntnissen. Wenn einmal eine begrenzte Fläche gut untersucht ist, diese während mehrerer Vegetationszeiten regelmässig begangen wird und dadurch die Entwicklung der sich dort aufhaltenden Larven verfolgt werden kann, wird es bei Erscheinen der Imagines nicht gänzlich unmöglich sein, die Larven einer Art zuzuordnen. Voraussetzung ist allerdings, dass auch regelmässig geknipst wird. Zweifelsfrei hat das von Dir erwähnte Vorgehen Vorteile aufzuweisen. Aber ein/e jede/r kann die ihm/ihr genehmere Vorgehensweise wählen, bleibt doch das Ziel das Gleiche. Es geht bei einem solchen Unterfangen zu Beginn auch nicht darum, gleich europaweit die Larven in Bildern erfassen zu wollen, das heisst, "das im grossen Stil zu machen“. Es reicht doch, wenn Interessierte lokal und regional in ihnen vertrauten Lebensräumen tätig werden.

Bei den Abbildungen von Larven in den Bestimmungsbüchern kommt hinzu, dass die ohnehin kleinen Tierchen auch klein wiedergeben werden und die Bilder deshalb wenig hilfreich sind.

Ja, habe ich, wenigstens teilweise entspricht diese schwache Aufnahme Deinem Wunsche. Zum Lebensraum dieses Tieres wird noch eine Änderung erforderlich sein, wie ich hinterher festgestellt habe. Darauf komme ich noch zurück, sobald, so hoffe ich, weitere Einschätzungen vorliegen.

Vielen Dank auch für Deine Begrüssung und Deine umfassende Stellungnahme.
Beste Grüsse
H P

Re: Leptophyes Larve

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Hallo Hans Peter

Das mit der Untersuchung begrenzter Flächen wäre natürlich durchaus eine gute Möglichkeit, stösst aber rasch an ihre Grenzen. Denn schwierigere Arten-Komplexe wird man somit nicht sicher unterscheiden können. Zudem muss das Habitat der Larven nicht demjenigen der Adulten Tiere entsprechen. Tendeziell suchen Larven wärmere Habitate auf.
So habe ich mich bei der Unterscheidung der Bachufer-Beisschrecke (Metrioptera fedtschenkoi minor) oder Roesels Beissschrecke (Metrioptera roselii) und der Westlichen Beissschrecke (Platycleis albopunctata) bzw. der Grauen Beissschrecke (Platycleis grisea) schon öfter verrannt. Aufgrund meiner Erfahrungen in einem Gebiet im Tessin habe ich z.B. die Graue Beissschrecke ausgeschlossen. Ich war 100%-ig sicher, dass alles Metrioptera fedtschenkoi minor-Larven sind. Als ich eine Larve in Gefangenschaft hielt, staunte ich am Ende nicht schlecht, als die Imaginalhäutung durch war und eine Platycleis grisea im Terrarium sass.

Um sicher bestimmte Fotos für eine Publikation zu erhalten, wird es daher nicht ganz ohne Terrarien gehen. Larvenfotos aus dem Feld sind aber immer ein gutes Taining.
Mit „im grossen Stil“ meinte ich, dass von jeder Art nicht nur ein, zwei Individuen aus einem Gebiet betrachtet werden dürfen, sondern möglichst viele Larven aus unterschiedlichen Gebieten nötig sind, um einen Eindruck für die Variabilität zu bekommen.

Danke für das zusätzliche Foto. Obwohl bei dem Foto die Form der Spitze der Legeröhre nicht sicher erkannt werden kann, meine ich immer noch, dass es sich nicht um die Punktierte Zartschreckehandelt, sondern um die Laubholz-Säbelschrecke. Die Legeröhre ist mir im Verhältnis zu den Cerci für Leptophyes punctatissima zu klein. Zudem ist die Form und Farbe der Cerci typisch für Barbitistes serricauda.
Als Vergleich; das ist ein Weibchen der Laubholz-Säbelschrecke (Barbitistes serricuada) ca. in demselben Larvenstadium wie das von dir gezeigte Weibchen. Als Vergleich; das ist ein Weibchen der Laubholz-Säbelschrecke (Barbitistes serricuada) ca. in demselben Larvenstadium wie das von dir gezeigte Weibchen.
Bin gespannt, was du über den Lebensraum zu berichten hast.

LG
Florin
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Re: Leptophyes Larve

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Guten Abend, Florian

Es wäre ein Zeichen von Überheblichkeit, wollte ich Deine Ausführungen, die ja fraglos auf reichen Erfahrungen beruhen, überhaupt kommentieren. Dies umso weniger, als die Ergebnisse meiner Betätigungen, soweit sie Schrecken betreffen, vorwiegend als ergänzende Indikatoren zum Einschätzen der Artenvielfalt eines Gebiets bzw. Teilgebiets dienen müssen. Die von mir begangenen Flächen sind meistens kleinräumig, gekammert und in sich mehr oder weniger abgeschlossen, von Ausnahmen mal abgesehen.

Ich habe mehrere Bekannte, die Aufzuchten mit anderen Tierfamilien durchführen und dokumentieren. Vielfach werde ich mit interessanten Serien von Ei bis Imago versorgt. So betrachtet, für mich nicht allzu fremd. Je nach Art der Zielsetzung, das räume ich durchaus ein, ist dieses Vorgehen zielführender. Nach meinem Dafürhalten aber nicht in jedem Fall 1:1 auf Freilandverhältnisse übertragbar.

Bei Deiner Aufnahme einer Larve eines etwas fortgeschritteneren (?) Stadiums von B. serricauda fällt mir auf, dass die Spitzen der Cerci stark verdunkelt erscheinen. Das noch nachzubestimmende weibliche Tier bei meiner ersten Aufnahme zeigt hingegen eine sehr schwach verdunkelte Basis. Genauso übrigens, wenn ich das richtig erfasse, das von Werner Reitmeier in diesem Beitragsfaden eingefügte Weibchen. Wenn ich bei Detzel (1998) nachschaue, haben die beiden dort abgebildeten Larven von Männchen von B. serricauda und L. punctatissima zweier verschiedener Bildautoren stark verdunkelte Cerci-Spitzen! Damit will ich beileibe nicht sagen, dass die Färbung der Cerci ein Ia Unterscheidungsmerkmal wäre. Ich erwähne diese Gegebenheiten, weil mir scheinen will, es beständen Widersprüche. Ich mag auch nicht richtig daran glauben, dass dies einzig mit der Variationsbreite zu tun haben könnte. (In einem fremdländischen Bestimmungsschlüssel sind in einer Aufnahme einer Larve eines frühen (!) Stadiums von L. punctatissima die Cerci so gefärbt wie bei Werner Reitmeier und mir.)

Zum offenen Punkt: Im ersten Beitrag hatte ich unsachgemäss festgehalten, das abgebildete Tier sei im (waldnahen) Hausgarten aufgenommen worden. Dort sind wohl erwachsene L. punctatissima vorhanden, und eine Larve hatte ich auch mal festgestellt. Die beiden Aufnahmen des auf einem Brennnesselblatt sitzenden Tieres entstammen einem nahe gelegenen Waldgebiet. Aufnahmeort: am Rande eines Waldsträsschens; vorwiegend Buchenmischwald, doch in der Nähe des Aufnahmeortes zudem ein grösserer Bestand alter Eichen.

Ich kann durchaus noch Aufnahmen von Larven von B. serricauda in etwas fortgeschritteneren Stadien anbieten falls von Nutzen.

Beste Grüsse
H P

Re: Leptophyes Larve

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Hallo Hans Peter, hallo Florin!

Komme urlaubsbedingt erst heute dazu, Eurer interessanten Diskussion beizuwohnen. Das Thema mit den Larvenbestimmungen haben wir schon öfter diskutiert, und - letztendlich wissenschaftlich haltbar - sind nur die von Florin schon angedeuteten Terrarien-Zuchten mit regelmäßiger, fotografischer oder zeichnerischer Erfassung, auch von verschiedenen Populationen. Aber auch ich bin der Meinung (nachdem ich mich ja selbst auch nur als "Amateur" näher mit den Ensifera-Larven beschäftige), dass jedes Foto wertvoll ist und sich gewisse Erkenntnisse doch manifestieren, so dass man als sogenannter "Feld-Entomologe" sehr wohl gewisse Abgrenzungen feststellen kann. Schließlich habe auch ich mich so in diese Materie einarbeiten können, und bei jedem Bild in Kombination mit einem Bestimmungsschlüssel kommt man der Wahrheit, glaube ich, einen Schritt näher.
Zum konkreten Fall: auch ich bin mir ziemlich sicher, dass Hans Peters Tier der Gattung Barbitistes angehört, und zwar aus folgendem Grund: der helle, geknickte, schwarz unterlegte Streifen am Pronotum ist m. E. ein untrügliches Zeichen! L. punctatissima hätte in diesem Stadium einen schon nahezu geraden Verlauf, auch habe ich noch kein Tier mit einer schwarzen Zeichnungsanlage unterhalb dieses Streifens gesehen!Bezüglich der Cerci-Färbung zitiere ich hier auszugsweise S. Ingrisch in seinem Larvenschlüssel:
Cerci mit schwarzer Spitze und mit schwarzem Ring (jüngere L.) oder Fleck (ältere L.) nahe der Basis, der nur im letzten L-Stadium fehlt ............................. L. punctatissima

Cerci höchstens mit schwarzer Spitze .............................. B. serricauda
Generell dürfte die Schwarzfärbung an den Cerci mit zunehmendem Alter verblassen.

@Florin: danke auch noch für Deine "Bild-Einfüge-Einschulung" - ich hoffe, ich habe es kapiert bis zum nächsten Mal...


Liebe Grüße,

Werner

Re: Leptophyes Larve

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Guten Abend, Werner

Vielen Dank dafür, dass Du Dich im Forum zurückgemeldet hast. Natürlich möchte ich keinem Meister widersprechen. Allerdings muss ich Einwände rundum verstehen, damit nicht Restzweifel verbleiben. Seit meinem letzten Beitrag hatte ich mich umgeschaut und im Besonderen auch den von Dir erwähnten Bestimmungsschlüssel für Larven beigezogen. Somit sind Deine Zitate für mich jetzt nicht mehr brandneu. Wenn ich mich nicht täusche, habe ich aber kürzlich sinngemäss gelesen, dass die Angaben von Ingrisch in dessen Schlüssel nicht allzu klar zu sein scheinen. Dazu kann ich mich nicht äussern. Im Übrigen möchte ich für den Moment wenigstens den Ingrisch ausklammern, da ich mich nochmals gründlich damit auseinandersetzen will.

Auf der Webseite von pyrgus.de, die ich im Allgemeinen als sehr verlässlich empfinde, sind auch Larven der beiden uns interessierenden Arten enthalten:

pyrgus.de/leptophyes_punctatissima.html
pyrgus.de/barbitistes_serricauda.html

Dazu hätte ich gerne Deine Einschätzungen oder jene von Florin (jetzt erst kommt die Richtigstellung...) erfahren. Zudem füge ich ein Bild aus Frankreich ein, das L. punctatissima darstellen soll. Es wird dort ausdrücklich auf die Schwierigkeit von Larvenbestimmungen hingewiesen.
Beste Grüsse
H P

Re: Leptophyes Larve

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Hallo Hans Peter!

Ich sehe bei Deinen angefügten Bildern & Links keine Widersprüche zu dem zuvor gesagten, sind m. E. alle richtig, einzig und alleine bei Bild 12 auf der pyrgus.de-Seite von Barbitistes serricauda traue ich mir aus dieser Position kein Urteil abzugeben, da muss ich mich auf Herrn Wagner verlassen... Also, welche Zweifel genau meinst Du?
Ein weiteres Merkmal ist mir übrigens auch noch ein- bzw. aufgefallen: beachte auch die weiße Rückenlinie, die sich im Ater gerne in dreieckige Flecken auflöst: auch ein deutliches Merkmal für Leptophyes! Barbitistes hat die, wenn überhaupt nur in ganz jungen Stadien, auch mehr ins gelbliche gehend, zusätzlich bekommen die Larven mit zunehmendem Alter je eine m. o. w. sichtbare, diffuse, gelbliche Seitenlinie (zwischen Pronotum und Cerci) auf jeder Seite - die hat L. punctatissima auf keinen Fall!

Bzgl. der Klarheit im Ingrisch-Schlüssel: Mir sind nur einige, sagen wir "überprüfbare" Textstellen untergekommen und genau deshalb mein Plädoyer für Larvenfotos, natürlich am besten mit gewissem "Ausschliessungs-Faktor" - d. h. z. B. aufgrund der Verbreitung!

Auf jeden Fall ist diese Diskussion wieder ein guter Anlass, die nächste Saison schon im April zu beginnen um auf all diese Einzelheiten genauer zu achten (und zu dokumentieren!!!), damit alle Restzweifel ausgeräumt werden können!

Liebe Grüße aus Österreich,

Werner

Re: Leptophyes Larve

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Guten Abend, Werner

Ich bin Dir sehr dankbar für Deine Mühe. Deine Ausführungen dienen mir als Ausgangspunkt bzw. Sprungbrett zum besseren Verständnis. Es ist nicht immer sinnvoll, im stillen Kämmerlein brüten zu wollen, insbesondere wenn (für mich) unter Umständen unklar bleibt, ob Belegfotos, die als Referenzmaterial dienen könnten, richtig bestimmt worden sind. Dies ist auch der Grund, weshalb ich die beiden Links und die Aufnahme hier im Forum einfügte. Deine Bestätigungen und Ausführungen sind darum nützliche Hilfen, die mir hoffentlich erlauben, archiviertes Bildmaterial mit anderen Augen zu untersuchen. Dass Merkmalskombinationen dazu die besseren Grundlagen bilden, ist ja nicht zu bestreiten! Da ich mich bereits früh im Jahr gezielt in der Natur bewege, ist Deine Aussage im letzten Absatz wie „Balsam für meine Seele“.

Auf meinen Reisen durch das Netz bin ich kürzlich auf die Webseite von Frithjof Kohl gestossen. Er legt eine Reihe von Aufnahmen von B. serricauda und L. punctatissima vor, darunter auch etliche von deren Larven, die er jeweils mit Fragezeichen versehen hat. Vielleicht möchtest Du auch diese Aufnahmen begutachten, denn sie bieten sich meiner Ansicht nach durchaus als Anschauungs- und Vergleichsmaterial an. Zudem würde es Frithjof Kohl wahrscheinlich begrüssen, wenn Dein prüfendes Auge die Aufnahmen bestimmen könnte und Du ihm das Ergebnis Deiner Untersuchungen melden würdest.

http://www.fkohl.de/tree/index/de/Phano ... rbitistes/
http://www.fkohl.de/tree/index/de/Lepto ... tatissima/

Anderes Thema
Am 21.11. und am folgenden Tag hatte ich am Hause ein Weibchen von Meconema meridionale beobachtet. Am 29.11. meldete mir meine Gattin den Fund des Tieres – vermutlich des gleichen Weibchens – an einer abgefrorenen und anschliessend zurückgeschnittenen Hauspflanze ausserhalb des Hauses. In der Nacht zum 30.11. fiel Schnee, sodass die Schrecke leicht zugedeckt wurde. Heute, am. 1.12. lag sie wieder frei. Ich habe noch nicht geprüft, ob sie überlebt hat. Trotzdem, bestehen bei den Schrecken „Einrichtungen“, die ihnen das Überleben bei Temperaturen um die O ° C ermöglichen?

Beste Grüsse
Hans Peter

Re: Leptophyes Larve

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Hallo Hans Peter!

Bitte, gerne! Aber wie schon im ganzen Beitrag immer wieder erwähnt und angedeutet: Bei den Larvenbestimmungen bleibt immer ein Restrisiko, weil wir keine wissenschaftlich fundierte Grundlage haben, es sind alles nur Erfahrungserkenntnisse oder - wie ein befreundeter Kollege es so treffend bezeichnet hat: immer ein bisschen wie "Kaffesud-Lesen", falls Dir der Ausdruck etwas sagt!
Zu der HP von Hr. Kohl: nicht böse sein, aber ich werde jetzt nicht alle im Netz befindlichen Seiten über Heuschrecken-Larven auf Ihre Richtigkeit überprüfen und auch deren Erzeuger zu kontaktieren, da müsste ich schon bei Wikipedia anfangen...
Auf den ersten Blick sind die Barbitistes alles Barbitistes, das Fragezeichen bezieht sich da eher auf die andere Art in Deutschland, nämlich constrictus - da kann ich selbst keine Unterscheidungsmerkmale anbieten. Bei den ersten Leptophyes-Larven hat er ziemlich sicher Barbitistes abgebildet, die ganz kleinen mit den interessanten Beinhaltungen traue ich mir bei der Bildqualität und auch aus dem zuvorgenannten Grund nicht zu beurteilen. Die beiden vorletzten Bilder mit Weibchen-Larven sind sicher punctatissima.
Zu der Frostfrage muss ein "professioneller" Entomologe ran, das kann ich Dir auch nicht genauer beantworten, Fakt ist, dass in Mitteleuropa nur Eier, Larven und bei Vertretern der Gattung Tetrix, z.T. auch Nemobius adult den Winter überstehen.

LG

Werner

Re: Leptophyes Larve

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Hallo Hans Peter, servus Werner

Zu den Bildern in "Die Heuschrecken Baden-Württembergs". Die Larven-Bilder beider Arten zeigen absolut typische Beispielindividuen, wie man sie in der Regel nur selten findet. Die dunkle Cerci-Spitze ist bei den Männchen von Barbitistes serricauda vor allem in den grösseren Larvenstadien sehr ausgeprägt.
Bei Leptophyes punctatissima ist die dunkle Spitze tendenziell etwas weniger auffällig dafür ist an der Cercibasis ein dunkler bis schwarzer Ring oder eben Innenfleck bei älteren Individuen vorhanden. Werner hat diesen Punkt ja bereits erwähnt. Bei der Zeichnung gilt es neben der Variabilität immer auch noch zu bedenken, dass die dunklen Farben noch eine ganze Weile nach einer Häutung kaum sichtbar sind.

Der Ingrisch-Larven-Schlüssel ist praktisch die einzige wissenschaftliche Arbeit dieser Art. Darum ist er nach wie vor die einzige Referenz, wenn es um die Larvenbestimmung geht. Eigentlich warte ich nur auf den Bestimmungsschlüssen von Werner ;)

Die Larven auf der Webseite pyrgus.de sind alle korrekt, wobei ich die klenere Barbitistes serricauda-Larve auf diesem Foto auch nicht bestimmen könnte.
pyrgus.de



Auch das Bild Leptophyes aus Frankreich stimmt.


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Zu den Larven auf der Webseite fkohl.de
Unter Barbitistes serricauda scheint soweit alles zu stimmen. Es sind aber auch nur grössere Larven abgebeildet, bei denen die Bestimmung einfacher ist.
Bei Leptophyes punctatissima ist dieses Männchen sicherlich falsch und gehört zu Barbitistes serricauda:
fkohl.de
Foto von fkohl.de Foto von fkohl.de
fkohl.de
Foto von fkohl.de Foto von fkohl.de

Auch bei den anderen Larven-Bildern von Leptophyes punctatissima habe ich erhebliche Zweifel. Bei diesen hier handelt es sich m.E. ebenfalls um Barbitistes serricauda.
fkohl.de
Foto von fkohl.de Foto von fkohl.de
fkohl.de
Foto von fkohl.de Foto von fkohl.de

Interessant ist die nachfolgende Larve. Sie zeigt die typische Cerci-Zeichnung von Leptophyes punctatissima. Die restliche Körperzeichnung, Halsschild und Abdomenrücken sind aber typisch für Barbitistes serricauda. Leider lässt die Bildqualität zu wünschen übrig, da es sich wohl um ein eingescanntes Foto/Dia handelt.
fkohl.de
Foto von fkohl.de Foto von fkohl.de

Bei den Larven auf dem Buchenblatt bin ich unsicher. Die Haltung kenne ich bisher nur von Barbitistes. Wenn es stark windet, halten sie sich so auf dem Blatt fest.
fkohl.de
Foto von fkohl.de Foto von fkohl.de

Bei der Larvenbestimmung halte ich es ganz wie Werner, es bleibt stets eine Restunsicherheit, besonders wenn es sich um Fotos handelt. Dafür ist aber der Austausch von Erfahrungen und Eindrücken umso wichtiger.



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Was die Frostresistenz von Heuschrecken betrifft, lässt sich sagen, dass es enorme Unterschiede gibt. Die Gebirgsarten schneiden bei dieser Disziplin erwartungsgemäss am besten ab. Sicher ist auch, dass Meconema meridionale nicht zu dieser Gruppe gehört. Am 29.11.2013 habe ich ebenfalls nach dem Schnee noch ein Weibchen von Meconema meridionale gefunden. Dieses war aber bereits erfroren, wenn auch noch nicht all zu lange.
Über die Optimaltemperatur und die Temperaturobergrenze bei den Heuschrecken ist recht viel bekannt. Wie es um die untere Grenze ausschaut, da kenne ich keine Details. Bekannt ist, dass Kälte und Frost zu grossen Verlusten führen. Daher gehe ich davon aus, dass die Flachland-Arten über keinen Frostschutz verfügen, wie es bei anderen Artengruppen bekannt ist, die den Winter überdauern.
Allerdings kommt es im Herbst oft vor, dass die Heuschrecken eine ganze Weile unter einer Schneedecke ausharren können. Schmilzt der Schnee nach wenigen Tagen wieder weg, überleben dies einige, wobei die Überlebenschancen unter der Schneedecke wesentlich besser sind als darüber. Besonders wenn der Boden noch nicht gefroren ist. Auch sind die Kurzfühlerschrecken grundsätzlich kälteresistenter als die Langfühlerschrecken.

Beste Grüsse
Florin
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