Seite 1 von 1

Frühe Beobachtungen im Grossen Walsertal (AT)

Verfasst: 6. Januar 2014 21:41
von Florin Rutschmann
Hallo allerseits

Nun sind es keine späten Beobachtungen mehr sondern frühe im neuen Jahr ;)

Hab ich's mir fast gedacht und trotzdem war ich etwas ungläubig als heute Nachmittag (06.01.2014) bei Sonnenschein ein Männchen des Nachtigall-Grashüpfers (Chorthippus biguttulus) in der Wiese aufsprang. Der arme Knirps muss wohl schon einiges durchgemacht haben, war aber trotz allem noch ganz munter unterwegs. Es ist kaum zu glauben, der hat hier auf knapp 1'000 m schon einige Fröste, Schnee und Schneematsch über sich ergehen lassen müssen. Erstaunlich auch, dass das Altgras nicht besonders dicht und hoch ist, trotzdem hat er es irgendwie geschafft zu überdauern. Es war aber auch das einzige Individuum, das ich finden konnte. Details zum Fundort bei Sonntag im vorarlbergischen Grossen Walsertal.
Nachtigall-Grashüpfer (Chorthippus biguttulus) ♂ am 06.01.2014 Nachtigall-Grashüpfer (Chorthippus biguttulus) ♂ am 06.01.2014
Nachtigall-Grashüpfer (Chorthippus biguttulus) ♂ am 06.01.2014 Nachtigall-Grashüpfer (Chorthippus biguttulus) ♂ am 06.01.2014
Der Lebensraum ist südexponiert, gut besonnt, die Vegetation aber erstaundlich kurz. Der Lebensraum ist südexponiert, gut besonnt, die Vegetation aber erstaundlich kurz.
Grüsse
Florin

Re: Frühe Beobachtungen im Grossen Walsertal (AT)

Verfasst: 12. Januar 2014 18:11
von Florin Rutschmann
Servus allerseits

Heute (12.01.201, 14.30 Uhr) war hier im Grossen Walsertal ideales Heuschrecken-Wetter. Also sind wir am Nachmittag zur Entspannung zur biguttulus-Wiese und da war der Teufel los. Bei wolkenlosem Himmel waren sie alle auf der Wiesen. Wir haben ca. 10 Männchen des Nachtigall-Grashüpfers (Chorthippus biguttulus) ausgemacht. Interessanterweise waren es alles Männchen - kein einziges Weibchen war dabei.
Gesungen und gesprungen sind sie wie zur Hauptsaison. Allerdings reagierten sie ausgesprochen empfindlich auf Schatten. Sobald ein Schatten der Kamera das sonnende Tier irgendwo tangierte, rannten es davon, um sich gleich ein paar Zentimeter weiter wieder in der Sonne zu positionieren.
Nachtigall-Grashüpfer (Chorthippus biguttulus) ♂ singend am 12.01.2014 Nachtigall-Grashüpfer (Chorthippus biguttulus) ♂ singend am 12.01.2014
Nachtigall-Grashüpfer (Chorthippus biguttulus) ♂ am 12.01.2014 Nachtigall-Grashüpfer (Chorthippus biguttulus) ♂ am 12.01.2014


Grüsse aus dem App-Arbeitslager ;)
Florin

Re: Frühe Beobachtungen im Grossen Walsertal (AT)

Verfasst: 14. Januar 2014 17:30
von Florin Rutschmann
Heute (14.01.2014) sind die Nachtigall-Grashüpfer (Chorthippus biguttulus) fürs Erste verstummt. Laut den Erzählungen der Anwohner hier hatte es schon zweimal ca. 40 cm Schnee plus mehrfach 5-20 cm Matsch. Die Nachtigall-Grashüpfer kenne das Ritual mit dem Schnee also bereits gut und konnten mehrfach trainieren ;)
14.01.2014 - Chorthippus biguttulus-Wiese im Schnee. 14.01.2014 - Chorthippus biguttulus-Wiese im Schnee.
Heute Abend hat es wieder gut 10-15 cm Neuschnee. Darunter ist der Boden allerdings nicht gefroren. So bin ich zuversichtlich, dass es nochmals ein Revival mit den Nachtigall-Grashüpfern geben wird.

Grüsse aus dem Nebel
Florin

Re: Frühe Beobachtungen im Grossen Walsertal (AT)

Verfasst: 16. Januar 2014 16:12
von Florin Rutschmann
Diese Story ist tatsächlich so schnell noch nicht zu Ende!

Vom 14. auf den 15.01.2014 hatte es ca. 20 cm Schnee hingelegt. Der Mittwoch (15. Januar) war allerdings relativ schön, so dass die Schneedecke teilweise schon wieder löchrig wurde. Leider sind wir gerade eine halbe Stunde zu spät los gezogen, um nach den winterlichen Nachtigall-Grashüpfern zu sehen. Gerade schoben sich ein paar Wolken vor die Sonne und es wurde rasch deutlich kühler.

Trotzdem haben wir sie wieder gefunden. Und nicht nur das. Es ist eine weitere Art dazu gekommen.
15.01.2014 - Der Lebensraum bei Ankunft. 15.01.2014 - Der Lebensraum bei Ankunft.
Es dauert nicht lange bis die ersten auf dem Schnee erspäht wurden. So ist es ein Einfaches die Heuschrecken zu fotografieren. Ihre Körperhaltung ist bei den Temperaturen nur etwas entstellt. Es dauert nicht lange bis die ersten auf dem Schnee erspäht wurden. So ist es ein Einfaches die Heuschrecken zu fotografieren. Ihre Körperhaltung ist bei den Temperaturen nur etwas entstellt.
Neu dazu gekommen ist die Rote Keulenschrecke (Gomphocerippus rufus) ein ♀ Neu dazu gekommen ist die Rote Keulenschrecke (Gomphocerippus rufus) ein ♀
Auf dem kalten Schnee spielten sich dramatische Szenen ab. Dieses Weibchen der Roten Keulenschrecke lag auf dem Rücken im Schnee und hatte sich so lange versucht wieder in Position zu bringen, bis ihr das Hinterbein abfiel. Dann geht's halt im Schneckentempo ohne dieses weiter! Auf dem kalten Schnee spielten sich dramatische Szenen ab. Dieses Weibchen der Roten Keulenschrecke lag auf dem Rücken im Schnee und hatte sich so lange versucht wieder in Position zu bringen, bis ihr das Hinterbein abfiel. Dann geht's halt im Schneckentempo ohne dieses weiter!
Aus der Bruchstelle tritt gelbliche Körperflüssigkeit aus. Evtl. ein Hinweis auf eine Art Frostschutz (Zucker)? Aus der Bruchstelle tritt gelbliche Körperflüssigkeit aus. Evtl. ein Hinweis auf eine Art Frostschutz (Zucker)?
Als wir wieder gingen, lag die Arme bewegunsunfähig vor Kälte auf dem Rücken in einem Schneeloch. Als wir wieder gingen, lag die Arme bewegunsunfähig vor Kälte auf dem Rücken in einem Schneeloch.
Aber nicht allen erging es so schlecht. Dieses ♀ der Roten Keulenschrecke marschierte zwar etwas verlangsamt aber ganz munter auf der Schneedecke herum. Aber nicht allen erging es so schlecht. Dieses ♀ der Roten Keulenschrecke marschierte zwar etwas verlangsamt aber ganz munter auf der Schneedecke herum.
Lediglich ein Weibchen des Nachtigall-Grashüpfers fanden wir auf dem Schnee. Lediglich ein Weibchen des Nachtigall-Grashüpfers fanden wir auf dem Schnee.
Heuschrecken so im Winter zu beobachten und zu fotografieren ist schon ein sehr spezielles Erlebnis. Heuschrecken so im Winter zu beobachten und zu fotografieren ist schon ein sehr spezielles Erlebnis.
Insgesamt fanden wir 3 ♀ der Rote Keulenschrecke (Gomphocerippus rufus) und 1 ♀ des Nachtigall-Grashüpfers (Chorthippus biguttulus). Aber kein einziges Männchen.

Mal sehen, wie es die nächsten Tage weiter geht.

Grüsse
Florin und Christian

Re: Frühe Beobachtungen im Grossen Walsertal (AT)

Verfasst: 16. Januar 2014 21:58
von Lotti Keist
Hallo zusammen,
prächtig, die Winterernte von Bild und Ton. Wir waren jetzt nicht mehr fündig, sind aber nicht täglich unterwegs...
Beim Anblick des beinlosen Weibchens erinnere ich mich an eine Pholidoptera aptera die am 3.9.2013 auffallend langsam in der Nähe von Untervaz GR im Gras unterwegs war:
Pholidoptera aptera 3.9.2013 oberhalb Untervaz GR Pholidoptera aptera 3.9.2013 oberhalb Untervaz GR
Gruss ins Weiss
bruno

Re: Frühe Beobachtungen im Grossen Walsertal (AT)

Verfasst: 18. Januar 2014 14:27
von Lotti Keist
Hallo,
erstaunt hat mich auf dem Video die rasche Folge der Verse bei diesen Umweltbedungungen. Ich habe daher die Sequenz aufgenommen und ausgezählt: 17.3 und 16.9 Verse pro Sekunde:
Oscillogramm der 2 Strophen im obigen video Oscillogramm der 2 Strophen im obigen video
Dann habe ich etwas in meinen Aufnahmen geschaut: einmal bei 12° Umgebungstemperatur und etwas Sonne 10.6 Verse/s, oft um die 17 bei üblichen Temperaturen und einmal 18,3 bei 30° und Sonne. Meist vergeht im Herbst und Winter ja etliche Zeit zwischen den einzelnen Versen, und es kommt nicht zu den üblichen 2-er und 3-er Sequenzen der Strophen. Auf warmer Unterlage ohne Luftzug die Breitseite genau gegen die Sonne, das Abomen durch Senken des Schenkels frei gestellt, so erreichen sie wohl die üblichen Betriebstemperaturen.
grüssend bruno keist

Re: Frühe Beobachtungen im Grossen Walsertal (AT)

Verfasst: 19. Januar 2014 18:03
von Florin Rutschmann
Hallo Bruno

Vielen Dank für die interessante Analyse. Das Video stammte noch vor dem Schnee und die Temperaturen waren am 12.01.204 deutlich höher als am 15.01.2014. Am 15.01.2014 nach dem Schnee war nichts mit singenden Tieren.

Heute (19.01.2014) war frühlingshaftes Wetter. Da mussten wir natürlich wieder auf der nahen Wiesen vorbeischauen und da nahm das Heuschreckenleben seinen "normalen" Lauf.
Das schöne Wetter und die sehr angenehmen Temperaturen lockten nicht nur die Heuschrecken an die Sonne. Das schöne Wetter und die sehr angenehmen Temperaturen lockten nicht nur die Heuschrecken an die Sonne.
Die Suche dauerte auch nicht lange. Sie waren wieder zahlreich am Singen. Die Suche dauerte auch nicht lange. Sie waren wieder zahlreich am Singen.
Wir fanden ein Weibchen des Nachtigall-Grashüpfers (Chorthippus biguttulus) Wir fanden ein Weibchen des Nachtigall-Grashüpfers (Chorthippus biguttulus)
Schätzungsweise 10 Männchen konnten wir singend registrieren. Schätzungsweise 10 Männchen konnten wir singend registrieren.
Bei den hohen Temperaturen zeigten die Tiere ein ganz normales Fluchtverhalten, wie an jedem warmen Herbsttag. Sie legten die üblichen Flugsprünge hin und waren sehr aktiv. In den Tagen zuvor zeigten sie immer das von Bruno beschriebene Verhalten. Drehten sich stets seitlich schräg zur sonnte und legen den Hinterschenkel typisch an. Das war heute nicht der Fall. Sie waren ständig in der Vegetation unterwegs, sangen häufig und waren weniger am Sonnen.

Neben Chorthippus biguttulus fanden wir 3 Individuen der Roten Keulenschrecke (Gomphocerippus rufus, 2♂, 1♀).

LG aus dem Grossen Walsertal
Florin und Christian

Re: Frühe Beobachtungen im Grossen Walsertal (AT)

Verfasst: 2. Februar 2014 10:57
von Florin Rutschmann
Hallo allerseits

Am Mittwoch 29.01.2014 war ich vor der Rückreise nochmals an besagtem Hang, um nach den Winter-Schrecken Ausschau zu halten. Es hatte ein paar Tage zuvor wieder kräftig geschneit und die Temperatur sank Nachts auf -10° bis -12° C.

Es waren am Mittwoch einige wenige offene Stellen vorhanden und die Sonne war zeitweise auch da. Von den Schrecken habe ich aber nichts mehr gefunden. Ich denke aber, dass zu wenige offene Stellen vorhanden waren und es auch etwas zu wenig warm wurde. Schade, es hätte mich zu sehr interessiert, ob nochmals ein paar Individuen gefunden werden können, wenn die Schneedecke nochmals aufreissen sollte.


Grüsse aus dem trüben Mittelland
Florin