Feldgrillen in einem Hochmoor

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Liebe Alle

Ich habe gestern Abend eine merkwürdige Beobachtung gemacht. Auf einem Spaziergang mit meiner Frau durch das Löörmoos (auch Lörmoos oder Löörmösli), einem der wenigen Hochmoore in der Nähe von Bern, ist uns plötzlich das Zirpen von Feldgrillen (Gryllus campestris) aufgefallen. Tatsächlich waren insgesamt 4–5 Sänger auszumachen, und zwar mitten im dicht mit Torfmoosen (Sphagnum) und Scheidigem Wollgras (Eriophorum vaginatum) überwachsenen Bereich (siehe Bild). Ein Männchen baute seine Röhre etwa 20 cm tief direkt ins Sphagnum, umgeben von sehr feuchten bis sumpfigen Stellen!

Dieser Fund in einem so feuchten, z.T. gar schattigen Lebensraum ist überraschend, bevorzugt die Art gemäss Standardwerken (z.B. Detzel 1998, Schlumprecht & Waeber 2003, Pfeifer et al. 2011, s. Literatur) doch eher trockene und sonnige Habitate. Überall wird ferner darauf hingewiesen, dass Staunässe, wie sie im Löörmoos wohl flächendeckend vorkommt, gemieden wird. Mich würde nun interessieren, ob ähnliche Beobachtungen aus weiteren Feucht-Standorten vorliegen.

Beste Grüsse
Hannes
Hannes Baur
Naturhistorisches Museum Bern
Abteilung Wirbellose Tiere
Bernastrasse 15
3005 Bern, Schweiz
hannes.baur@nmbe.ch
+41 31 350 72 64
Dateianhänge
Das Naturschutzgebiet Löörmoos nördlich von Bern, aufgenommen am 22.6.2013. Hier stridulierten in der Dämmerung mehrere Feldgrillen. Das Naturschutzgebiet Löörmoos nördlich von Bern, aufgenommen am 22.6.2013. Hier stridulierten in der Dämmerung mehrere Feldgrillen.

Re: Feldgrillen in einem Hochmoor

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Hoi Hannes,

in einem Hochmoor habe ich die Art noch nie festgestellt, in Flachmooren schon. Dort ist allerdings oft das Klein-Relief vielgestaltig, sodass durchaus trockenere Standorte gewählt werden können, und reintrampeln darf man ja meist nicht...

Linthebene SG Kaltbrunnerried, (auch Pteronemobius) Bätzimatt (hier heuer aber nicht gefunden, weitgehend wassergetränktoder überschwemmt)
Greifensee ZH Riediker Ried (auch Pteronemobius)
Walenstadt SG Engen in einem Hangmoor (auch Pteronemobius)
Rheintal LI Ruggeller Riet
Mauensee LU Hagimoos

gruss bruno keist

Re: Feldgrillen in einem Hochmoor

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Hoi Bruno

Herzlichen Dank für die Angaben. Es ist wahrscheinlich schon so, dass die Grillen in der Regel die trockenen Stellen in Feuchtgebieten aufsuchen. Dies wird auch in der einen oder anderen Publikation erwähnt. Das interessante am Fund im Löörmoos ist jedoch, dass die Röhren direkt ins Torfmoos gegraben werden. Ringsherum war es sumpfig, so dass die Röhren bei einer Erhöhung des Wasserstandes wahrscheinlich überflutet werden. Ev. wird es noch dazukommen, und dann wären die Grillen wohl wieder weg. Nur eine längerfristige Beobachtung des Standortes wird zeigen können, ob es sich hier wirklich um eine etablierte Population handelt. Ich bleibe dran!

Lieber Gruss
Hannes
Hannes Baur
Naturhistorisches Museum Bern
Abteilung Wirbellose Tiere
Bernastrasse 15
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Re: Feldgrillen in einem Hochmoor

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Liebe Alle

Beobachte seit zwei Jahren Feldgrillen in unserem Obstgarten. Der Boden ist teilweise ehemaliges Riedland, seit über Hundert Jahren drainiert. In nassen Wintern, wie dem vergangenen, liegt das Wasser trotzdem tagelang in kleinen "Seen". Den Grillen scheint das aber nichts auszumachen. Ich habe mich schon oft gewundert, wie die das überleben.

Tolles Forum, bleibe an den Grillen dran!
Grüsse
Christian

Re: Feldgrillen in einem Hochmoor

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Lieber Christian

Danke für deine Rückmeldung. Ich könnte mir vorstellen, dass die Larven den Winter an anderen, nahegelegenen Orten verbringen, und erst im Frühling, wenn es einigermassen trocken ist, wieder in das ehemalige Riedland einwandern.

Wie erwähnt, Aufschluss werden wohl erst längerfristige Beobachtungen geben. Da ist es natürlich praktisch, wenn man die Grillen gleich im eigenen Obstgarten hat!

Herzliche Grüsse
Hannes
Hannes Baur
Naturhistorisches Museum Bern
Abteilung Wirbellose Tiere
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